Die Sage von der Hexe von Steupingen
„Sie befinden sich hier im früheren Siedlungsgebiet der noch nicht christianisierten Germanen. Ca. 7 km westlich entfernt begann das Reich der schon christlichen Franken. Die Grenze zwischen beiden Völkern wurde durch eine breite Hecke markiert (siehe Ort Hecke). Erst ab ca. 1.000 nach Chr. wurde diese Gegend christianisiert. Viele Legenden ent-stammen dem germanischen Glauben der damaligen Bewohner, wie z. B. die Legende der „Hexe von Steupingen“.
Wandern Sie von diesem Wanderparkplatz westlich über den X 12 / A 8, so gelangen sie nach ca. 150 m in das Gebiet „Steupingen“, wo früher ein gleichnamiger Weiler bestand (Wohnsitz der Druiden, die von den Christen als Hexen bezeichnet wurden?)“.
Reinhard Heer, Drolshagen
Und hier die Sage: In einem kleinen Häuschen an der Klippe von Drolshagen lebte ein braves, stilles Mädchen mit blondem, lockigem Haar und blauen Augen, namens Gretchen. Jeder mochte sie gerne. Der blonde Hans hatte sich sogar in sie verliebt. Das weckte die Eifersucht in Trina, einem anderen Mädchen, dass schon immer darunter litt, dass sie nicht so beliebt war wie Gretchen. Eines Tages ging Trina mal wieder in den Wald bei Steupingen, um Feuerholz zu sammeln. Plötzlich trat aus dem Gebüsch ein kleines, altes Weib. Ihr zahnloser Mund wackelte rauf und runter. Mit vom Feuer geröteten Augen starrte sie Trina an. Nach einer Weile krächzte die Alte: „Was sucht die feine Trina hier im Wald? Fürchtet sie sich nicht vor Wölfen und Hexen?“ Trina stammelte: „Ganz gewiss. Aber noch mehr fürchte ich mich vor dem Hass, der in mir brennt.“ „Ja, ich weiß Bescheid“, erwiderte die Alte, „Ich könnte dir helfen. Nimm diese Salbe und streiche sie dir um Mitternacht auf die Augen.“ Obwohl Trina die Sache nicht ganz geheuer war, befolgte sie in der nächsten Nacht den Rat der alten Frau.
Plötzlich befand sie sich wieder im Wald von Steupingen. Dort wurde sie von einer Katze empfangen, die sie in eine Höhle brachte. Trina graute es vor dem Anblick, der sich ihr bot. Neben einem Kessel stand die Alte und rührte in einer brodelnden Brühe. Sie war umgeben von Katzen, einem Ziegenbock und vielen kleinen Kriechtieren. Aus einer Ecke grinste ein Männchen mit Pferdefuß. Trina konnte sich vor Angst kaum rühren. Doch da kamen die Katzen und schnurrten um ihre Beine. Auch die Alte, die ja wohl eine Hexe war, beruhigte sie. „Du brauchst keine Angst zu haben. Wir alle wollen Dir helfen. Gib mir eine von Deinen Locken und Hans wird nur noch dich lieben.“ Nun fühlte sich Trina wohl. „Oh ja, mein Mütterchen. Nimm dir eine von meinen schwarzen Locken. Ich gehöre dir jetzt mit Haut und Haaren.“ Noch in derselben Nacht machte sich die Hexengesellschaft auf den Weg. Die Hexe ritt auf dem Ziegenbock vorweg, ein großes Messer in der Hand. Trina folgte auf einem Besen, das Haar hing ihr wirr um den Kopf. Die Katzen tobten schreiend um beide herum.
So gelangten sie zu Gretchens Haus. Diese verrichtete gerade ihr Nachtgebet und wurde durch den Höllenlärm, der ums Haus tobte gestört. Die Fenster klapperten, Hagelkörner prasselten gegen die Scheiben. Als Gretchen aufblickte, starrten sie die Hexe und Trina bedrohlich an. In ihrer Not riss Gretchen das Kreuz von der Wand, hielt sie dem Höllenspuk entgegen und rief verzweifelt: „Herr, erbarme dich!“ Sofort wurde es still und die schrecklichen Gestalten verschwanden. Als Gretchen dieses Erlebnis später erzählte, wollte ihr niemand glauben. Tatsache ist jedoch, dass man Trina am nächsten Morgen tot in ihrem Bett fand.
Nacherzählt von Nadine Waschilowski
Unterrichtsprojekt der Klasse 5.3/6.3 der Gemeinschaftshauptschule Drolshagen in den Schuljahren 1998 – 2000, Herausgeber Sauerländischer Gebirgsverein, Abteilung Drolshagen, Oktober 1999